Monatsinformation August 2021: Umsatzsteuer
In der Monatsinformation August 2021 zum Thema Umsatzsteuer stellen wir Ihnen relevante Informationen in diesem Gebiet zur Verfügung. Lesen Sie, was Sie beachten müssen. Sollten Sie dabei Hilfe benötigen, stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung!
Personengesellschaft als Organgesellschaft
Aufgrund europarechtlicher Vorgaben können Personengesellschaften umsatzsteuerlich Organgesell-schaften sein. Trotz zustimmender Auffassung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 26. Mai 2017 war bislang unklar, in welchen Fällen eine Personengesellschaft Organgesellschaft sein kann. Auch, weil die Finanzverwaltung die „Hürde“ hierfür sehr hoch gelegt hat.
Die Frage, ob eine finanzielle Eingliederung nur gegeben ist, wenn der Organträger unmittelbar alle Anteile an der Personengesellschaft hält oder auch eine Mehrheitsbeteiligung an der Personengesellschaft ausreicht, hat nunmehr der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Vorlage des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg beantwortet.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die strengen Anforderungen der Finanzverwaltung europarechtskonform sind.
Der EuGH hat nun mit Urteil vom 15. April 2021 klargestellt, dass eine solche Einschränkung, dass Personengesellschaften nur Organgesellschaften sein können, wenn auch alle Gesellschafter finanziell in den Organträger eingegliedert sind, gegen Unionsrecht verstößt. Eine Mehrheitsbeteiligung an der Personengesellschaft sei ausreichend. Die Auslegung, Organträger könne nur der sein, der unmittelbar alle Anteile an der Personengesellschaft hält, sei zu eng. Diese Einschränkung sei auch nicht zur Vermeidung von Steuerhinterziehung und/oder Steuerumgehungen geeignet. Hierzu wäre z. B. eine Bewilligung der Organschaft durch die Finanzverwaltung besser geeignet.
Folge: Unter Berufung auf das EuGH-Urteil können auch Personengesellschaften in eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft einbezogen werden, an denen der Organträger nicht alle Anteile hält.
Hinweis Wegen der entgegenstehenden Verwaltungsauffassung besteht insoweit ein Wahlrecht. |
Zur Stromlieferung als selbstständige Leistung neben einer umsatzsteuerfreien Vermietung
Das Finanzgericht Niedersachsen hatte über die Frage zu entscheiden, ob Strom, den der Vermieter über eine Photovoltaikanlage erzeugt und an die Mieter liefert, umsatzsteuerlich als Nebenleistung der Vermietung anzusehen ist.
Das Finanzgericht hat diese Frage verneint und der Klage des Vermieters stattgegeben. Auch wenn Strom über eine Photovoltaikanlage vom Vermieter erzeugt und an die Mieter geliefert wird, handele es sich dabei im Regelfall nicht um eine unselbstständige Nebenleistung der (steuerfreien) Vermietung. Entscheidend sei, dass der Mieter die Möglichkeit habe, den Stromanbieter frei zu wählen. Auch der Europäische Gerichtshof habe in einem vergleichbaren Fall die Stromlieferung als von der Vermietung getrennt angesehen.
Da der Bundesfinanzhof über diese Rechtsfrage bisher noch nicht ausdrücklich entschieden hat und die Finanzverwaltung das Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht anwendet, hat das Finanzgericht Niedersachsen die Revision zugelassen.
Wohnungsvermietung: Energielieferungen sind steuerpflichtige Hauptleistungen
Vor dem Finanzgericht Münster klagte die Vermieterin eines Grundstücks, auf dem sich u. a. ein Haupthaus mit zwei Wohnungen befand. Sie installierte 2016 eine neue Heizungsanlage für die Wohnungen im Haupthaus. Die Klägerin gab Umsatzsteuervoranmeldungen ab und verzichtete auf die Kleinunternehmerregelung. Sie gab steuerpflichtige Umsätze aus den Energielieferungen an die Mieter an und Vorsteuern aus der Rechnung über die Installation der Heizungsanlage sowie den Gaslieferungen. Es errechnete sich ein Erstattungsbetrag. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, es handele sich bei den Energielieferungen um unselbstständige Nebenleistungen zu der steuerfreien Wohnungsvermietung und setzte die Umsatzsteuervoranmeldungen auf 0 Euro fest.
Die Klage hiergegen hatte vor dem Finanzgericht Münster Erfolg. Es entschied, dass die durch den Vermieter an den Mieter erbrachte Energielieferungen nicht als Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung, sondern als steuerpflichtige Hauptleistungen anzusehen sind.
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