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Monatsinformation August 2022

In dieser Monatsinformation August 2022 stellen wir Ihnen alle relevante Informationen zur Umsatz- und Gewerbesteuer sowie zum Arbeits- und Verfahrensrecht zur Verfügung. Lesen Sie hier, was Sie in der aktuellen Rechtsprechung beachten müssen. Sollten Sie dabei Hilfe benötigen, stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung!

Zwölf Euro Mindestlohn ab Oktober 2022

Mit dem Kabinettsbeschluss vom 23.02.2022 hat die Bundesregierung eine einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohnes auf zwölf Euro brutto die Stunde auf den Weg gebracht. Dieses zentrale Anliegen der Bundesregierung ist nun umgesetzt und tritt zum 01.10.2022 in Kraft.

Leistungen eines Museumsführers können umsatzsteuerbefreit sein

Der Kläger ist als Gästeführer in einem Museum tätig, das ausschließlich über Gruppenführungen begehbar ist. Auftraggeber des Klägers ist eine gemeinnützige Stiftung, die das Museum betreibt und steuerfreie Umsätze an die Museumsbesucher erbringt. Die zuständige Bezirksregierung hat dem Kläger bescheinigt, dass er als Museumsführer die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt wie vergleichbare Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Umsätze des Klägers trotzdem umsatzsteuerpflichtig seien. 

Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass Umsätze der staatlichen Museen sowie „gleichartiger Einrichtungen“ anderer Unternehmer steuerfrei seien, wenn die zuständige Landesbehörde sowohl Museum als auch Museumsführer bescheinigt habe, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die staatlichen Museen erfüllen. Steuerfrei seien die typischen Museumsleistungen, zu denen auch die Führung der Gäste gehöre. Das Museum, mit dem der Leistende seine Museumsleistung erbringe, dürfe auch das Museum einer dritten Person (hier: der Stiftung) sein. Allerdings sei auch klar, dass die Leistungen anderer selbstständiger Subunternehmer des Museums, die über keine entsprechende Bescheinigung verfügen, weil sie nicht selbst kulturelle Leistungen erbringen (z. B. Sicherheits-, Reinigungs- oder Hausmeisterdienst des Museums), nicht umsatzsteuerfrei sind.

Foto von Markus Spiske: https://www.pexels.com/de-de/foto/euro-ist-von-hoherem-wert-3671148/

Kein Vorsteuerabzug aus Schwarzeinkäufen möglich

Das Finanzgericht Münster entschied, dass ein Vorsteuerabzug aus von der Steuerfahndung festgestellten Schwarzeinkäufen nicht möglich ist, wenn keine entsprechenden Rechnungen vorliegen.

Die Klägerin betrieb einen Kiosk. Bei einer bei einer Lieferantin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass diese der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt hatte, Waren gegen Barzahlung ohne ordnungsgemäße Rechnung zu beziehen. Daraufhin führte eine bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass sie Eingangsumsätze der Lieferantin und die entsprechenden Ausgangsumsätze nicht in ihrer Buchführung erfasst hatte. Das beklagte Finanzamt schätzte die Umsätze bei der Klägerin hinzu, gewährte aber mangels Rechnungen keinen Vorsteuerabzug auf die Schwarzeinkäufe. 

Umsatzsteuer für bei Überlassung von elektronischen Zahlungskarten erhobenem Kartenpfand?

Fraglich war, ob ein sog. Kartenpfand für den Erwerb einer elektronischen Zahlungskarte eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung darstellt oder ob es sich um eine nicht steuerbare Schadensersatzleistung handelt. Wenn die Qualifikation als Schadensersatz verneint werde, stelle die Überlassung der Zahlungskarte dann eine unselbstständige Nebenleistung zu dem (nicht steuerbaren) Tausch von Zahlungsmitteln dar bzw. handele es sich um eine Nebenleistung zu den steuerfreien Umsätzen von gesetzlichen Zahlungsmitteln oder den steuerfreien Umsätzen im Zahlungsverkehr?

Der Bundesfinanzhof entschied, dass es sich bei dem im Rahmen eines bargeldlosen Zahlungssystems für die Überlassung elektronischer Zahlungskarten in Stadien erhobenen Kartenpfand nicht um pauschalierten (durch die Kartenrückgabe auflösend bedingten) Schadensersatz handelt, sondern um eine steuerbare sonstige Leistung, die als Umsatz im Zahlungs- und Überweisungsverkehr steuerfrei ist, wenn der leistende Unternehmer selbst die Übertragung von Geldern vornimmt.

Freibeträge bei Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften

Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, steht nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt nur ein Freibetrag zu.Im Streitfall verstarben der Großvater und die Großmutter der Kläger. Die Großeltern hatten die Tante der Kläger als Vorerbin und auf deren Tod u. a. die Kläger als Nacherben eingesetzt. Im Jahr 2015 verstarb die Tante und wurde ihrerseits u. a. durch die Kläger als Miterben beerbt. Der Vater der Kläger war bereits vor der Vorerbin verstorben. In der Erbschaftsteuererklärung stellten die Kläger Anträge, der Versteuerung der Nacherbfälle ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den Großeltern zugrunde zu legen. Das Finanzamt berücksichtigte in den Erbschaftsteuerbescheiden gegenüber den Klägern Freibeträge i. H. v. 400.000 Euro pro Erben.

Hinzurechnung der vertraglich auf gewerbetreibenden Mieter umgelegten Grundsteuer

Für Zwecke der Gewerbesteuer wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Hinzuzurechnen ist u. a. ein Achtel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, soweit die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Eine GmbH hatte von ihren Gesellschaftern ein Betriebsgebäude gemietet. Im Mietvertrag war vereinbart, dass die GmbH als Mieterin die Grundsteuer tragen sollte. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die auf die GmbH vertraglich umgelegte Grundsteuer zu der von ihr zu zahlenden Miete gehöre und deshalb gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnen sei. Das Finanzgericht sah das anders und gab der Klage statt.

Der Bundesfinanzhof gab jedoch der Finanzbehörde Recht. Der vom Gesetz verwendete Begriff der Miet- und Pachtzinsen sei wirtschaftlich zu verstehen. Dazu gehören auch vom Mieter getragene Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter zu tragen wären, aber vertraglich vom Mieter übernommen werden. Ein derartiger Fall liege hier vor. Schuldner der Grundsteuer sei der Eigentümer, d. h. der Vermieter. Zivilrechtlich könne die Grundsteuer jedoch auf den Mieter überwälzt werden. Sie fließe damit in den Mietzins ein, der gewerbesteuerrechtlich zum Teil hinzuzurechnen sei. Die Hinzurechnung könne somit nicht dadurch reduziert werden, dass der Mieter Aufwendungen übernehme, die eigentlich vom Vermieter zu tragen wären und dieser im Gegenzug einen entsprechend geminderten Mietzins akzeptiere.

Hinzuschätzung nach Außenprüfung bei Einzelhandelsunternehmen

Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass bezüglich einer Hinzuschätzung keine Änderung erfolgt, wenn nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass Betriebseinnahmen nicht erklärt wurden. Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift sind alle Sachverhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück des gesetzlichen Steuertatbestandes sein können, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Tatsachen sind die Merkmale, die den steuerlichen Tatbestand ausfüllen, weil sie unter den Tatbestand subsumiert die steuer-liche Folge ergeben. Auch Hilfstatsachen, die einen Schluss auf das Vorliegen einer Haupttatsache, die Element des gesetzlichen Tatbestandes ist, könnten die Änderungsbefugnis der Finanzbehörde eröffnen. Hilfstatsachen dürften allerdings nur dann herangezogen werden, wenn sie einen sicheren Schluss auf das Vorliegen der Haupttatsache zulassen; bloße Vermutungen oder Wahrscheinlichkeiten reichten hierfür nicht aus. Aus dem „soweit“-Satz folgt weiterhin, dass eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen nur in dem Umfang zulässig ist, in dem die nachträglich bekannt gewordene Tatsache ursächlich für eine höhere Steuerfestsetzung ist. Die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen trägt die Finanzbehörde.

Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen. Dabei ist bei Unternehmern mit Gewinnerermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung zum einen die umsatzsteuerrechtliche Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen zu beachten, da sie auch unmittelbar für das Einkommensteuergesetz wirkt. Zum anderen sind die Vorschriften über die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung zu beachten. 

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