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Monatsinformation November 2025

In dieser Monatsinformation November 2025 stellen wir Ihnen alle Informationen zu verschiedenen steuerrechtlich relevanten Themen zur Verfügung (Fokus: Verfahrensrecht, Sonstiges). Lesen Sie hier, was Sie in der aktuellen Rechtsprechung beachten müssen. Sollten Sie dabei Hilfe benötigen, stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung!

Verfahrensrecht

Finanzamt muss Inhalte anonymer Anzeigen nicht offenlegen

Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein Steuerpflichtiger im Regelfall keinen Anspruch auf Preisgabe einer anonym beim Finanzamt eingegangenen Anzeige hat, die ihm steuerliches Fehlverhalten vorwirft (Az. IX R 25/24).

Im Streitfall nahm das beklagte Finanzamt eine anonyme Anzeige zum Anlass, um bei der Klägerin, die einen Gastronomiebetrieb führte, eine sog. Kassen-Nachschau durchzuführen. Ein steuerstrafrechtliches Fehlverhalten wurde hierbei nicht festgestellt. Im Nachgang beantragte die Klägerin Einsicht in die für sie geführten Steuerakten und Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Damit wollte die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Anzeige erhalten, um auf diese Weise Rückschlüsse auf die Person des Anzeigeerstatters ziehen zu können. Die Anträge wurden vom Finanzamt abgelehnt. Die Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte keinen Erfolg.

Die Richter des Bundesfinanzhofs wiesen die Revision zurück. Einem Steuerpflichtigen sei keine Einsicht in eine in den Steuerakten befindliche anonyme Anzeige zu gewähren, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Anzeigeerstatters und der Finanzbehörde höher zu gewichten sei als das Offenbarungsinteresse des von der Anzeige Betroffenen. Hiervon sei im Regelfall auszugehen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde – was im Streitfall nicht in Betracht zu ziehen war – infolge der Anzeige einer unberechtigten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt. Dem von der Klägerin verfolgten Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der anonymen Anzeige nach Art. 15 DSGVO erteilten die Richter ebenfalls eine Absage. Zwar beinhalte eine solche Anzeige regelmäßig personenbezogene Daten, über die die Behörde Auskunft erteilen müsse. Jedoch werde der Anspruch nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung beschränkt, da durch die Preisgabe des Inhalts der Anzeige die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörde (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gefährdet werden könnte. Darüber hinaus verböte der Identitätsschutz des Anzeigeerstatters eine Auskunftserteilung.

Außenprüfung: E-Mails als vorzulegende Handels- und Geschäftsbriefe

Der Bundesfinanzhof entschied, dass E-Mails mit Steuerbezug den Außenprüfern des Finanzamts als „Handels- und Geschäftsbriefe“ vorgelegt werden müssen, nicht jedoch ein extra zu erstellendes Gesamtjournal der Korrespondenz. Handels- und Geschäftsbriefe im Sinne von § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO können auch E-Mails sein. (Digitale) Unterlagen über Konzernverrechnungspreise unterfallen dem Anwendungsbereich des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO (Az. XI R 15/23).

Im Streitfall forderte das beklagte Finanzamt von der Klägerin, einer GmbH, im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage von empfangenen und Wiedergaben von versandten Handelsbriefen nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO und für den Fall, dass die angeforderten Unterlagen in elektronischer Form vorlägen, ein Gesamtjournal, in dem alle E-Mails erfasst sein sollten. Die Klägerin weigerte sich, ihr komplettes Datenarchiv herauszugeben.

Hintergrund

Gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung hat der Steuerpflichtige die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe geordnet aufzubewahren. Gleiches gilt nach § 147 Abs. 1 Nr. 3 AO für Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe.

Auf Grundlage von § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist der Steuerpflichtige verpflichtet „sonstige Unterlagen“ aufzubewahren, soweit diese für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Schätzung bei ordnungswidriger Kassenführung – Amtliche Richtsatzsammlung des BMF auf dem Prüfstand

Weil eine Diskothek kein Restaurant ist, kann bei der Schätzung der Getränkeumsätze einer Diskothek nicht auf die Rohgewinnaufschlagsätze der amtlichen Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) für Gastronomiebetriebe zurückgegriffen werden. Das entschied der Bundesfinanzhof in Bezug auf eine Diskothek, bei der die Kassen für die Getränkeumsätze nicht ordnungsgemäß geführt worden waren. Zudem äußerte der Bundesfinanzhof erhebliche Zweifel daran, dass sich die amtliche Richtsatzsammlung des BMF in ihrer bisherigen Form als Grundlage für eine Schätzung eignet (Az. X R 19/21).

Über den entschiedenen Fall hinaus interessant ist diese Entscheidung zum einen deshalb, weil der Bundesfinanzhof darlegt, dass im Fall einer Schätzung von Besteuerungsgrundlagen (§ 162 Abgabenordnung) der innere Betriebsvergleich, der an die Daten und Verhältnisse des geprüften Betriebs selbst anknüpft, im Verhältnis zum äußeren Betriebsvergleich, der sich auf statistische Durchschnittswerte der betreffenden Branchen stützt, als die zuverlässigere Schätzungsmethode anzusehen ist. Dies müssen Finanzamt sowie Finanzgericht bei der Ausübung des ihnen im Rahmen einer Schätzung zustehenden Ermessens berücksichtigen, auch wenn sie bei der Wahl ihrer Schätzungsmethoden grundsätzlich frei sind.

Zum andern hat sich der Bundesfinanzhof mit den Mindestanforderungen befasst, die Datensammlungen oder Datenbanken der Finanzverwaltung erfüllen müssen, wenn sie in einem Gerichtsverfahren berücksichtigt werden sollen. Fragen hierzu hatte der Senat bereits mit seinem Beschluss vom 14.12.2022 aufgeworfen, mit dem er das BMF aufgefordert hatte, dem Revisionsverfahren beizutreten. Nun hat der Senat erhebliche Zweifel daran geäußert, dass sich die amtliche Richtsatzsammlung des BMF in ihrer bisherigen Form als Grundlage für eine Schätzung eignet. Dies wird mit der fehlenden statistischen Repräsentativität der zur Ermittlung der Richtsätze herangezogenen Daten einerseits und dem kategorischen Ausschluss bestimmter Gruppen von Betrieben bei der Ermittlung der Richtsatzwerte andererseits begründet.

Sonstiges

Änderung der Kassensicherungsverordnung

Das Bundesministerium der Finanzen hält eine zweite Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung für nötig. Im Nachgang zur Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung hätten sich Klarstellungsbedarf sowie weiterer redaktioneller Änderungsbedarf ergeben.

Einheitlicher Zahlungsempfänger in Thüringen und Bayern ab Oktober 2025 verbindlich

Das Thüringer Finanzministerium und das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) machen darauf aufmerksam, dass künftig für alle Überweisungen an sämtliche Finanzämter in Thüringen und Bayern der einheitliche Empfängername „Freistaat Thüringen“ bzw. „Freistaat Bayern“ gilt. Die bisherige Praxis, einzelne Behörden wie z.  B. das Finanzamt oder Ministerien als Empfänger zu benennen, entfällt künftig vollständig.

Hintergrund

Ab dem 09.10.2025 können alle Bankkunden im Euro-Raum Geldbeträge innerhalb von Sekunden, also praktisch in Echtzeit, überweisen – ohne zusätzliche Kosten. Möglich macht dies eine EU-Verordnung, die Echtzeitüberweisungen zur Pflicht macht. 

Zudem müssen Banken sowie Sparkassen ab 09.10.2025 prüfen, ob der Name des Zahlungsempfängers und die IBAN des Empfängerkontos bei SEPA-Überweisungen zusammenpassen. Dieses neue Verfahren gilt für Überweisungen in Euro – unabhängig ob sie per Online-Banking, in der Filiale oder als Echtzeitüberweisung ausgeführt werden. Die Zahlungsempfängerprüfung wird auch „Verification of Payee“ (VoP) genannt. Das neue Verfahren soll bestimmte Betrugsmaschen sowie fehlerhafte Überweisungen aufgrund von Tippfehlern verhindern.

Kleine Schreibfehler sind kein Problem, aber größere Abweichungen führen zu Warnhinweisen. Wer trotz Warnhinweisen überweist, trägt selbst das Risiko. Eine Ausnahme gibt es bei Papierüberweisungen, die in einen Überweisungskasten eingeworfen werden. Diese fallen nicht unter die neue Pflicht.

Fristversäumnis durch längere Postlaufzeit: Keine Wiedereinsetzung bei verspäteter Zustellung

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt wird, wenn ein fristgebundener Schriftsatz verspätet eingeht und der Absender sich auf eine Zustellung am nächsten Werktag verlässt. Hintergrund ist die Postrechtsreform 2024, die längere Beförderungszeiten vorsieht. Wer auf einen Eingang am nächsten Werktag vertraut, riskiere den Fristablauf, so die Richter am Oberlandesgericht (Az. 6 UF 176/25).

Kassengesetz – Befragung macht bürokratische Lasten deutlich

Laut Koalitionsvertrag soll das sog. Kassengesetz mit seinen vielfältigen Pflichten evaluiert werden. Ziel der IHK-Befragung war u. a., mehr über die in der Praxis auftretenden Probleme und Belastungen zu erfahren. Dabei wurde deutlich: Die verschärften Vorgaben zur Kassenführung belasten die Unternehmen erheblich: Teure Nachrüstungen der Kassensysteme, Berge von oft unerwünscht ausgegebenen Belegen und unangekündigte Kontrollen erschweren den Betriebsalltag. Eigentlich sollen diese Maßnahmen Kassenbetrug verhindern, doch die Wirkung ist ebenso ungewiss wie die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen.

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